Immobilien Experten Talk: Dramatische Lage am Wohnungsmarkt
Übersicht der Themen
Wie kommt es zur Wohnungsnot und warum ist es dramatisch?
Was wird derzeit unternommen?
Wird sich der Wohnungsmarkt entspannen?
Wie viele Wohnungen brauchen wir wirklich?
Wird der Bestandsbau nun boomen?
Timestamps aus dem Video
0:00 Intro - Vorstellung des Themas
0:33 Was ist derzeit so dramatisch am Immobilienmarkt?
3:00 Beispiele für besonders negative Entwicklung am Wohnungsmarkt?
4:37 Sind es wirklich 400.000 fehlende Wohnungen in Deutschland?
7:38 Wie weit werden wir das Ziel von 400.000 benötigen Wohnungen verfehlen?
8:44 Die Problem für den Projektentwickler
9:08 Was wird unternommen, damit das Ziel erreicht wird?
10:57 Sozialverträgliche Wohnungen werden zu teuer
11:38 Lösungsansätze
16:08 Wird der Bestandsbau jetzt interessanter?
18:22 Werden Bestandswohnungen durch die Krise wertvoller?
Transcript des Videos
Immobilien Experten Talk heute zu Gast beim Präsidenten des Spitzenverbands der Wohnungswirtschaft GdW, Herrn Axel Gedaschko. Wir werden über die großen Themen sprechen, die derzeit im Immobilienmarkt diskutiert werden: Wohnungsnot und die Energiewende. Was können wir aus der Schnittstelle zwischen Politik und Wohnungsbauunternehmen lernen?
Der Immobilien Experten-Talk!
Axel, herzlich Willkommen. Heute haben wir ein interessantes Thema: die Lage am Wohnungsmarkt. In den Medien hört man oft, dass es aktuell sehr dramatisch ist. Vielleicht könntest du uns zu Beginn einmal erklären, was genau aktuell so dramatisch ist? Eigentlich haben wir drei Dramen übereinander: Wir haben auf der einen Seite das Drama, dass viele Menschen eine Wohnung suchen und keine Wohnung bekommen. Das ist aus Sicht der Bevölkerung das hauptsächliche Drama. Wenn man eine Wohnung bekommt, ist sie häufig teuer und manchmal ist sie sogar schlecht, weil es kein Korrektiv innerhalb des Marktes gibt. Das bedeutet, dass auch diejenigen, die am Markt eigentlich falsch agieren, trotzdem die Chance haben. Dann haben wir das Drama, dass wir, obwohl wir eigentlich mehr Wohnungen bräuchten, trotzdem nicht in der Lage sind, diese Wohnungen fertig zu stellen und auch die Perspektive stimmt nicht. Das heißt, nach dem Motto "Das Niveau, das wir haben, halten wir? Nein! Kommen wir hoch? Nein! Sondern wir fallen sogar noch runter." Und dann haben wir das dritte Drama, das heißt, wir haben Regionen in Deutschland, in denen die Wohnungen leer stehen und die Menschen nicht da sind. Diese Gemeinden kämpfen ums Überleben, die Unternehmen dort kämpfen ums Überleben und vielen Menschen dort fehlt die Attraktivität des Wohnortes. Alles zusammengenommen ist es eine ungute Mischung. Okay, also führt das dazu, dass gerade in kleineren Städten die Einwohner abwandern zu den großen Städten wie Berlin, Hamburg, Frankfurt und München. Dort gibt es aber nicht ausreichend Wohnungen, um den Bedarf zu decken, dass ist so die Zusammenfassung, oder? Ja, nicht ganz. Jetzt kann man noch weiter ins Feine gehen und sagen, dass wir das eigentlich schon seit langer Zeit sehen, dass die großen Städte sogar Einwohner verlieren, während das Umland profitiert. Die großen Städte haben in der Vergangenheit von der Fernwanderung profitiert, die so groß war, dass sie das, was abgewandert ist, kompensieren konnte und sogar noch einen Zuwachs hatte. Jetzt ist die Abwanderung jedoch so stark, dass sie nicht mehr kompensiert wird. Das bedeutet, dass viele große Städte sogar netto Einwohner verlieren. Aber das, was wir bisher als Herausforderung in den Städten hatten, wandert jetzt auch in die Region. Es gibt jedoch auch Regionen, wo die wirtschaftlich starken Zentren fehlen oder Universitätsstätten fehlen, dort haben wir diese Leerstände. Kannst du ein paar Beispiele geben, wo es sich besonders positiv auswirkt und besonders negativ? Nehmen wir das Umland von München, das Umland von Berlin, das Umland von Hamburg, Stuttgart, eigentlich die ganzen Metropolen, die immer unter der Enge der Märkte gelitten haben. Dort ist die Ausweichbewegung in die Region, und wenn wir jetzt das Drama der Leerstände bzw. der Abwanderung und der Auszehrung betrachten, dann können wir Thüringen, Sachsen-Anhalt und viele Regionen in Sachsen nehmen. Das Fatalste ist, dass es nicht einmal immer mehr eine Frage der Attraktivität ist. Wenn ich jetzt zum Beispiel eine Stadt wie Bautzen nehme, nach der Wende liebevoll restauriert, wenn man durchfährt denkt man: "Wow, also wunderbar!" Dresden zieht an und vielleicht auch die Umgebung von Dresden, aber bis Bautzen reicht es nicht und die Wanderung der Menschen in die Region ist noch nicht da. Es gibt jedoch hoffnungsvolle Signale wie die Ansiedlung von Intel in Magdeburg, die für zigtausend direkte Arbeitsplätze sorgen.
Das führt jetzt schon dazu, dass überlegt wird, von der Landesregierung, wo die ganzen hochqualifizierten Arbeitsplätze sein sollen, die die Menschen, die die Arbeitsplätze bedienen, ja und sekundäre Effekte wird es geben und das wird ausstrahlen. Eine solche Ansiedlung in Deutschland in der jetzigen Zeit ist natürlich ein Glücksfall und nicht die Regel.
In den Medien hört man aktuell sehr häufig die Zahl 400.000 fehlende Wohnungen. Sind es wirklich 400.000 Wohnungen deutschlandweit? Das ist wie immer bei solchen Zahlen, man kann sie in die Luft werfen und irgendwie ist immer was richtiges dabei. Es ist eine Richtschnur und ich würde mal sagen 400.000 auf jeden Fall können wir gut vertragen. Eine andere Frage ist, was brauchen wir eigentlich jedes Jahr? Wir haben ja in der Vergangenheit gesehen, dass wir Probleme hatten, 300.000 fertig zu kriegen. Das war ein ziemliches Gewürge. 300.000 neue Wohnungen pro Jahr? Pro Jahr! Okay! Und wir hatten ja in der Spitze dann glaube ich rund 315.000 mal geschafft und dann ging es wieder in den Rückwärtsgang. Das bedeutet, die Kapazitäten am Bau sind eigentlich schon ausgereizt gewesen. Ja, und wenn man über 400.000 redet, dann bedeutet das nichts weniger als dass wir die Kapazitäten am Bau eigentlich aufbauen müssten, tendenziell richtig, gleichwohl die 400.000... wenn ich jetzt die Lage angucke, die ganzen Geflüchteten, die aus der Ukraine gekommen sind, viele sind zunächst in Familien untergekommen. Auf Dauer geht das natürlich nicht. Jeder will irgendwie irgendwann sein Privatleben haben oder temporäre Unterkünfte und viele Menschen werden nicht so schnell zurückgehen können, weil wenn wir uns die Situation in der Ukraine anschauen, jetzt wird sogar noch von Russland die gesamte Infrastruktur zerstört. Das heißt, die Menschen können eigentlich gar nicht zurück. Vielfach haben sie keine Wohnung, selbst wenn sie da ist haben sie keine Wärme und keinen Strom.
Also eigentlich werden unbewohnbare Städte im Moment von Russland geschaffen und das bedeutet nichts anderes, als dass die Menschen, die hier sind, wahrscheinlich noch viel länger als sie selbst wollen, bei uns bleiben werden. Das heißt, die Zahl von 400.000, im Moment könnte sie wahrscheinlich sogar noch größer sein.
Was würdest du schätzen – 500 oder 600.000? Also 500.000 wahrscheinlich schon mindestens. Aber ich glaube, letztendlich ist es für die Planung einer Regierung oder später auch für diejenigen, die investieren sollen, wichtig, was auf mittlere Sicht und längerfristig die richtige Größenordnung ist. Das müssen gar nicht 400.000 sein, aber lieber langsam hochkommen, aber dann kontinuierlich, damit alle, die beteiligt sind, wissen, dass es eine große Kontinuität dabei gibt. Wir brauchen mehr Kapazitäten auf der Industrie- und Herstellerseite der Produkte, mehr Kapazitäten bei den Bauunternehmen selbst und wir brauchen auch Planungskapazitäten, die dementsprechend und am Ende des Tages oder gleich am Anfang die Genehmigungskapazitäten auch in den Städten haben. Wenn alle wissen, dass es eine gewisse Kontinuität gibt, kann man sich auch darauf ausrichten. Was wir jetzt immer erleben, ist ein Schweinezyklus. Es geht hoch und dann kommt der Absturz und dann geht es wieder hoch. Und damit kann keiner planen. Vielleicht können wir mal an 400.000 als Ziel denken, wahrscheinlich sollten es eher 500.000 oder 600.000 oder 700.000 sein. In den letzten Tagen und Wochen hört man häufig die 400.000, aber wir werden das sowas von verfehlen. Man hört Zahlen von 200.000. Würdest du das unterschreiben, dass wir davon weit von weg sind. Wir sind weit weg von 400.000. Wir sind im letzten Jahr unter 300.000 gelandet und wenn wir jetzt dieses Jahr abschließen, werden wir wahrscheinlich deutlich unter diesen 300.000 liegen und nicht irgendwie wieder drüber und das sehen wir an den Planungen unserer Unternehmen. Diese massive Unsicherheit trägt dazu bei, dass man eben nicht mehr will, und führt dazu, dass sie selbst das, was sie genehmigt bekommen haben, nicht mehr bauen. Sie stellen es entweder komplett zurück, das ist der kleinere Teil, oder sie sagen: "Wir gucken mal, wie sich die Lage entwickelt, aber erstmal nicht, weil das, was wir jetzt bauen würden, so teuer ist, dass es komplett an den Bedürfnissen der Menschen, für die wir bauen, vorbeigeht oder am Markt generell vorbeigeht". Und typischerweise ist der Projektentwickler der, der sagt: "Natürlich mache ich das, um auch Geld zu verdienen", das ist ja glaube ich auch sehr gerechtfertigt. Mit steigenden Baukosten, Energiekosten und Zinskosten führt das zwangsläufig dazu, dass es sich einfach nicht mehr trägt und dann eigentlich Wohnungen entstehen müssen, die so teuer sind, dass sie niemand mehr leisten kann als Eigentum oder später als Miete. Lass uns einmal schauen, was unternommen wird, damit wir trotzdem jetzt diese 400.000 erreichen. Du bist ja auch sehr nah an der Politik dran, gib uns doch da mal ein paar Einblicke. Wir haben natürlich nicht gesehen, dass jetzt eine langjährige Forderung der Immobilienbranche die Erhöhung auf drei Prozent AfA ist, das ist schon ein Schritt in die absolut richtige Richtung und jetzt auch die degressive AfA. Wir hatten ja schon mal ein Modell der degressiven, aber jetzt sozusagen das zweite Modell der degressiven AfA, angepasst an die Rahmenbedingungen des Marktes. Das ist normalerweise etwas, wo man sagen würde: "In einem normalen Marktumfeld würde das einen ganz deutlichen Impuls geben". Das Dumme ist nur, jetzt kommt dieser Impuls in einen Absturz rein und wenn ich eine Prognose wagen soll, so aus dem Bauchgefühl raus, würde ich sagen, der eine oder andere Projektentwickler wird jetzt sagen: "Es geht gerade noch und vielleicht wird das eine oder andere Projekt dann doch wieder vom Schreibtisch geholt und in Werk gesetzt." Bei uns ist es so, dass die Mitgliedsunternehmen, die ich vertrete, denen nutzt eine AfA in der Regel nichts. Das bedeutet, dass dort die anderen Rahmenbedingungen wie Zinsentwicklung, Baukostenexplosion und exorbitant gestiegene Grundstückspreise eine Rolle spielen. Außerdem gibt es momentan ein Förderchaos oder eine nicht existente Neubauförderung, was marginal ist und kaum eine Rede wert. Das führt dazu, dass die Unternehmen sagen: "Es geht einfach nicht. Mieten von 16 bis 20 € sind komplett an den Menschen vorbei." Zumal Ihr vertretet ja auch einige größere Wohnungskonzerne, da versucht man ja auch sozialverträgliche Mieten mit durchzusetzen, aber wahrscheinlich werden diese zu teuer und es rechnet sich nicht mehr. Die Mehrzahl unserer Unternehmen sind kommunale und Genossenschaften, gerade bei Genossenschaften, die für ihre eigenen Mitglieder bauen. Es geht an der Mitgliederstruktur vorbei und auch bei den börsennotierten ist es eher so, dass sie in der Einkommensmitte vermieten, was bedeutet, dass es in der Regel darunter geht und das geht auch an den Menschen vorbei. Was müssen wir tun, damit wir das Problem wirklich anpacken, weil ich habe immer das Gefühl, dass wir viel darüber reden, dass wir es nicht schaffen, aber es fehlt an einer Lösung, an der wir jetzt arbeiten müssen? Ich glaube, wenn ich hier im Podcast die Lösung rausgeben würde, dann wäre das die Sendung schlechthin. Dummerweise wird das wahrscheinlich trotzdem nicht gelingen, weil es externe Gründe gibt, die wie ein Schock in den Markt reinwirken. Das ist natürlich die Materialknappheit, die sich übrigens wahrscheinlich ein Stück weit auflöst, wenn weniger gebaut wird. Das ist die gute Botschaft. Irgendwo, irgendwann werden wir wieder auf ein Niveau kommen, auf dem es einen Ausgleich zwischen Angebot und Nachfrage gibt. Das Gleiche wird auch für die Nachfrage nach Handwerkern gelten, zumindest in vielen Gewerken. Es wird jedoch auch Teile geben von Gewerken, beispielsweise die Heizungsinstallateure, die jetzt so stark gefordert werden, dass keine Preisberuhigung stattfinden wird und auch nicht bei der Ware selbst, die verbaut werden soll, dort wird es auch keine Prei Beruhigung geben, weil in diesem Segment die Nachfrage so groß ist. Wenn wir uns dann noch die Seite der gesamten Materialien ansehen, haben wir dort eine Preisexplosion gehabt, die teilweise spekulativ war und teilweise auf Knappheit zurückzuführen ist. Wir hatten auch das "Klopapiersyndrom", also dass teilweise gehortet wurde. Das wird sich jetzt natürlich ändern, und wir müssen darauf achten, dass wir die Ware jetzt rechtzeitig loswerden. Was passieren wird, ist, dass diese Produkte, die häufig mit Energie erzeugt werden und deren Energiekosten sich verdoppelt oder verdreifacht haben, aufgrund der höheren Energiekosten in der Zukunft nicht mehr billiger werden, sondern eher teurer. Wenn ich mir Dachziegel, Steine oder vieles, was mit Chemie hergestellt wird, anschaue, werden diese aufgrund der Rohstoffpreisentwicklung für Gas oder was auch immer eingesetzt wird, in der Regel teuer bleiben. Das ist also die Seite der Produkte. Dann haben wir über die Handwerker gesprochen, also kann man nicht sagen, dass es ein Überangebot gibt, sondern es ist auch ein gemischtes Bild. Die Zinsentwicklung und die Frage, wohin die Reise geht, wenn man den Auguren zuhört, die sagen, dass die noch weiter steigen werden, die anderen sagen, dass wir jetzt den Höhepunkt erreicht haben, und es gibt einen kleinen Teil, die sagen, dass es wieder absinken wird. Ich würde eher vermuten, dass es von diesem jetzigen Niveau, auf dem wir heute liegen (etwa 3,5 Prozent) noch ein bisschen drauf geht, aber langsamer als in der Vergangenheit.
Aber das sind Welten gegenüber dem, was vorher war und vor allem in Verbindung mit der Kostenexplosion führt es zur Unbezahlbarkeit. Das was es kompensieren könnte, nämlich eine funktionierende Förderung, existiert nicht. Wir haben eine Förderung in Höhe von 650 Millionen Euro für das Jahr 2023 für den geförderten Mietwohnungsbau, aber diese Summe ist geringer als das, was die Stadt Wien für bezahlbares Wohnen pro Jahr ausgibt. Ganz Deutschland pro Jahr. Das kann also nicht funktionieren. Die Frage ist also, wie kann es funktionieren? Wir brauchen wieder Marktberuhigung, das ist die bittere Wahrheit. Wir werden ein oder zwei verlorene Jahre haben. Wer klug ist, richtet sich ein wenig darauf ein. Man kann beispielsweise vielleicht auch gucken, ob es dann wieder ein bisschen günstigere Grundstücke gibt, weil der eine oder andere nicht mehr zuschlägt. Das setzt natürlich eine gesunde Eigenkapitalbasis voraus, weil ich dann über eine Zeitstrecke überwinden muss, um dann, wenn es zu dieser wieder ausgeglichenen Situation und vielleicht auch zu einer neuen Förderung mit mehr Geld kommt, wieder bauen zu können und am Ende mit Mieten rauszukommen, die die Menschen auch bezahlen können. Wenn jetzt, du sprachst gerade davon, dass wir diese Periode ein oder zwei Jahre sehen werden und es ist ja auch nicht zu erwarten, dass wir jetzt auf die Schnelle irgendwelche weiteren Förderprogramme bekommen. Es ist also sogar schlauer, eher Richtung Bestandsbau zu gucken. Wir haben sicherlich sehr viele leer stehende Objekte, teilweise, wenn ich in Berlin durch die Stadt fahre, kann man die glaube ich an mehreren Händen abzählen, wie viele es gibt. Macht es also Sinn, jetzt überlegen, etwas mehr in Richtung Bestandsbau zu machen? Wenn wir nichts im Neubau machen, wird der Run auf Bestandsimmobilien natürlich größer sein, Mieten steigen noch mehr.
Das heißt, es wird nur noch schlimmer werden, wenn wir an der einen Stelle nichts lösen Die Frage mit dem Bestand ist, baue ich hier zum Beispiel ein Bürogebäude zu einem Wohngebäude? Dann habe ich nahezu die gleichen Probleme. Der Bestand macht in der Stadt sowieso immer Sinn, aber das wird vielleicht noch hinterhergeschoben, weil ich keine Flächen verbrauche und wir haben auch eine Flächenverbrauchsdiskussion an einer anderen Stelle. Daher ist es immer richtig, sich um den Bestand zu kümmern, aber wir werden die Herausforderungen nicht alleine mit dem Bestand lösen können. Vielleicht sollten wir auch mehr auf den sozialen Wohnungsbau und den geförderten Wohnungsbau schauen, denn dort gibt es ja durchaus eine erhebliche Förderung vom Bund auf der einen Seite und in vielen Bundesländern eine gute Förderung in den einzelnen Bundesländern. Ich nehme mal jetzt Baden-Württemberg, Bayern, Nordrhein-Westfalen, Schleswig-Holstein, Hamburg und Berlin. Ich glaube, dass diese jetzt wieder ein bisschen mehr sich Mühe geben. In der Vergangenheit war das ein ziemliches Desaster, aber im Moment klappt es wieder ein bisschen besser. Also sollten wir da mal wirklich hinschauen, weil dort werden Dinge dann auch so stark gefördert, dass vieles was sonst nicht mehr geht, funktioniert und das ist ja insbesondere ein Sektor, den wir auch dringend brauchen. Die Regierung sagt, wir brauchen 100.000 Sozialwohnungen pro Jahr. Das ist eine Zahl, die wir unterschreiben würden, aber auch dort sind wir Meilenweit entfernt. Wir bauen ja noch nicht mal ein Viertel davon.
Was mich jetzt mal zum Abschluss interessieren würde, wir haben häufiger mit Eigentümern gesprochen und dann kommt immer so die Thematik: "Naja, die Immobilie, die ich im Bestand habe, jetzt wo kein Neubau mehr kommen wird, kann ich mich ja zurücklegen, weil die Preise werden wie in den letzten Jahren auch weiter 20-30% steigen, weil einfach jeder diese Wohnung haben will. Siehst du das genauso? Und ist da nicht auch eine Gefahr dahinter, dass das tatsächlich so kommen wird?
Wenn die alten Spielregeln gelten würden, könnte so sein, aber wir haben komplett neue Spielregeln. Ich sage nur EU-Taxonomie und europäische Gebäuderichtlinie. Das sind so Sachen. Wer sich darauf nicht einstellt, und es wird immer die Situation geben, da wird es wieder etwas ausgeglichenere Märkte geben und wer in einer Region lebt, wo vielleicht aus den ausgeglichenen Märkten sogar wieder Mietermärkte werden, der mit Gebäuden antritt, die aus der Zeit gefallen sind, der wird ein Finanzierungsproblem bekommen. Also das ist eigentlich das schärfste Schwert, was die EU sich hat einfallen lassen, um jenseits der Frage von Sanierungspflichten etwas zu bewegen. Und selbst die Frage von Sanierungspflichten schaut man nach Frankreich. Dort darf man Gebäude, die bestimmte Energieeffizienzklassen nicht erreichen, bei diesen Gebäuden darfst du die Miete nicht mehr erhöhen. In den Niederlanden gibt es ein Vermietungsverbot für Gewerbeimmobilien, die einen bestimmten Energiestandard nicht erreichen. In Großbritannien gibt es das sowohl für Gewerbe als auch Wohnimmobilien. Das heißt, dieser Gedanke ist keiner, wenn er denn hier käme, der so richtig aus dem Himmel fällt. Er erscheint uns noch weit weg, aber wie gesagt, die Vorstufe und eigentlich das schärfste Schwert ist, wenn du alles nicht mehr finanzieren kannst, weil die Spielregeln den Banken vorgeben, wie sieht denn dein Portfolio aus, was finanzierst du denn da eigentlich? Das muss man glaube ich im Kopf haben und sich darum kümmern und sich darauf einstellen.
Okay, das ist der perfekte Übergang zu unserem zweiten Teil. Wir sprechen jetzt gleich noch mal zum Thema Energiewende am Immobilienmarkt. Erstmal vielen Dank für den ersten Teil und wir sehen uns dann gleich noch mal wieder. Ich freue mich drauf, bis gleich.