Aktuelle Zinslage - Notenbanken erhöhen Leitzinsen
Seit der Rezession in 2008 setzen die Europäische Zentralbank, die amerikanische Notenbank FED und die Zentralbanken von Japan und Großbritannien auf eine Niedrigzinspolitik. Die EZB hat seitdem ihren Zinssatz konstant weiter gesenkt, bis er im März 2016 schließlich bei 0 Prozent stand. Auch die anderen Zentralbanken haben anhand der Niedrigzinspolitik gehandelt.

Nachdem die Leitzinsen in den Vereinigten Staaten, Großbritannien und der Schweiz in den letzten Monaten angehoben wurden, ist es nur eine Frage der Zeit, ob und wie hoch die EZB ihren anheben wird. Aktuell prognostiziert sie einen Anstieg der Zinsen um 0.25 Prozent im Juni 2022 und eine zweite Erhöhung im September. Mit dieser Maßnahme, häufig auch als Zinswende beschrieben, versuchen die Banken der aktuellen Inflation entgegenzuwirken: Hausbanken geben den erhöhten Zinssatz direkt an ihre Kunden weiter. Da Kunden nun mehr Zinsen für Ihren Kredit (Konsum- oder Immobiliardarlehen) zahlen müssen, wird eine Nachfrage entsprechend geringer ausfallen. Folglich wird der Konsum reduziert und die Nachfrage abgewürgt. Daraus resultiert ein Rückgang der Inflation, jedoch mit derzeitiger Angst vor einer Stagflation.
Welche Auswirkungen haben die Zinssteigerungen?

Aufgrund der Nullzinspolitik der EZB sind die Immobilienpreise in Deutschland über die letzten Jahre rasant gestiegen. Das liegt daran, dass Käufer ihre neuen Immobilien zu einem sehr geringen Zins finanzieren können. Niedrige Zinsen und eine hohe Nachfrage treiben die Immobilienpreise in die Höhe. Da die ersten Zentralbanken ihren Leitzins jedoch bereits angehoben haben und auch die EZB zwei Zinsanstiege angekündigt hat, haben viele Experten Angst vor sinkenden Immobilienpreisen.
Im Juli hebt sie ihren Zinssatz zum ersten Mal seit 2008 an. Während die FED (Amerikanische Notenbank) ihren bereits um 0.75 Prozent auf die Spanne zwischen 1,5 und 1,7 Prozent anhob, steigt der Leitzins in Europa auf lediglich 0,25 Prozent. Ein zweiter Zinsanstieg ist bereits für September angesetzt.
Da die EZB auch auf kleinere und wirtschaftlich schwache Länder achten muss, kann sie die Zinsen nicht so extrem wie die FED erhöhen. Länder, wie bspw. Italien, würden ansonsten zu sehr unter der steigenden Schuldenlast leiden. Als Institution der EU muss sie daher alle Länder berücksichtigen und ein Gleichgewicht hinsichtlich mehrerer Gesichtspunkte halten. Währenddessen kann die FED und andere Zentralbanken ihre Zinsen stärker erhöhen, da sie nicht von diesem Faktor abhängig sind.
Aus diesem Grund ist eine längerfristige Inflation in der EU denkbarer als in andere Länder, welche die Zinsen stärker anheben kann (FED z.B. mit der dritten Erhöhung dieses Jahres um 0.75 Prozent). Dadurch entsteht das Risiko einer Stagflation. Das bedeutet, dass die Preise weiterhin steigen, aber das Wirtschaftswachstum gar nicht oder nur sehr gering vorhanden ist.
Wie wirken sich die Zinssteigerungen auf Immobiliendarlehen aus?
Die aktuelle Inflation von mehr als 8 Prozent und die daraus resultierenden steigenden Leitzinsen haben auf verschiedene Wege Einfluss auf den Immobilienmarkt in Deutschland. Die Auswirkungen auf die Bauzinsen sind durch zwei Gründe gegeben. Einerseits durch die steigenden Ölpreise und die Preissteigerung von Rohstoffen im Allgemeinen. Die dadurch steigenden Energiepreise und Rohstoffkosten haben einen gravierenden Einfluss auf die Bauzinsen, also die Zinsen auf Baukredite. Dies resultiert aus dem geldpolitischen Mittel der Zinssteigerung, um die Inflation zu drosseln. Daher haben sich die Bauzinsen auch seit Ende 2021 verdoppelt.
Damit sich eine Finanzierung zu den aktuellen Zinsen rentiert (und damit auch Verkaufspreise wieder in Relation zu Mieten stehen), sollten die Hauspreise um bis zu 20 % fallen. Daher hat der Anstieg der Zinsen ebenfalls einen Einfluss auf den Immobilienmarkt. Derzeit liegen normale Zinsen um die 3.5 % (Stand Juni, bei ca. 90 % Beleihungsauslauf und 10 Jahre Zinsbindungsfrist).
Bei allen Verkäufen zeigt sich, dass die Nachfrage nach Immobilienkäufen zurückgeht. Da die Preise nicht in Relation zu den Mieten und Kosten stehen, gehen die Renditen deutlich zurück und die Immobilie wird für Investoren unattraktiver. Kaufpreise von schlechten und überbewerteten Immobilien werden wahrscheinlich klar fallen, da sich die Preise angleichen werden. Zudem werden Banken das Objekt noch stärker prüfen, um beurteilen zu können, ob sich eine Investition in diese Immobilie rentiert. Deshalb sind vor allem renovierungsbedürftige Mehrfamilienhäuser und Wohnung betroffen.
Hohe Zinsen: soll ich meine Immobilien halten oder verkaufen?

Die besten Voraussetzungen, um eine Immobilie zu dem höchstmöglichen Preis zu verkaufen, sind niedrige Zinsen und eine hohe Nachfrage, weil sich dadurch am schnellsten ein Käufer zu einem hohen Kaufpreis finden lässt. Die hohe Nachfrage geht allerdings zunehmend zurück, da die Zinsen bereits seit Anfang des Jahres von knapp 1 auf 3.5 Prozent gestiegen sind. Da die Zinsen jedoch in Zukunft weiterhin steigen werden (Zinssteigerung im Juli und September geplant), wird die Nachfrage an Immobilien und dadurch auch der Preis sehr wahrscheinlich zurückgehen. Bereits jetzt sehen unsere Immobilienbewerter in vereinzelten Fällen, dass sich Immobilien nicht mehr so leicht verkaufen lassen und Verkäufer suchen sich zunehmend andere Verkaufskanäle, um einen Käufer zu finden. Obwohl die Zinsen definitiv steigen werden, ist aktuell noch nicht exakt abzusehen, wie stark. Im Vergleich zu anderen großen Zentralbanken (Schweiz, USA, Großbritannien) werden die europäischen Zinsen in naher Zukunft weniger stark steigen. Jetzt sind die Zinsen noch einigermaßen niedrig und die Nachfrage hoch. Um jedoch trotzdem schnellstmöglich einen Käufer zu finden, wird der Kaufpreis deutlich gesenkt. Die beste Empfehlung ist nun sich einen Käufer zu finden, der noch kapitalstarke Investoren mitbringt.
Zudem sollten Sie als Verkäufer sich fragen, ob die Immobilienblase in Deutschland demnächst platzen wird oder nicht. Wenn Sie, wie viele Experten, davon überzeugt sind, dass dem so ist, wäre jetzt der richtige Zeitpunkt Immobilien zu verkaufen.
Immobilien in schlechter Lage, welche schlecht vermietet sind oder einen schlechten energetischen Zustand haben, werden mit Immobilien, welche renovierungsbedürftig sind am meisten unter den Zinsen leiden, da diese mit hohen Kosten verbunden sind. Die Nachfrage konzentriert sich auf die besseren Deals. Genau aus diesem Grund müssen Verkäufer ihren Verkaufspreis senken, damit Käufer an dem Objekt interessiert sind.
Besitzen Sie jedoch gut vermietete Objekte (Indexmietvertrag; Mieten passen sich der automatisch Inflation an) in einer guten Lage ist es eventuell klüger, mit dem Verkauf noch etwas zu warten.
Sollten Sie allerdings nicht von einem baldigen Ende der Immobilienblase in Deutschland bzw. der starken Überbewertung von Wohnungen, Mehrfamilienhäusern oder Gewerbeimmobilien ausgehen, raten wir dennoch dazu, die weiteren Entwicklungen genau zu beobachten. Krisen entstehen in der Regel sehr plötzlich und dann kann ein Verkauf zu spät zu sein. Besonders wenn die Spekulationsfrist abläuft oder Sie aufgrund von Scheidung oder zu großen Schulden über einen zeitnahen Verkauf nachdenken, sollten Sie mit einem Experten sprechen. Wir raten jenen Kunden, die von weiterhin steigenden Zinsen ausgehen, insbesondere die Immobilienzinsen/Bauzinsen zu verfolgen. Mit den aktuellen Bauzinsen wird es zum Beispiel schwierig, eine renovierungsbedürftige Immobilie zu verkaufen. In solchen Fällen sollten Sie genau überlegen, das Objekt nicht schnellstmöglich zu veräußern, um Kosten und Zeitaufwand zu sparen.
Fazit - die Gefahr vor sinkenden Immobilienpreisen ist da
Wie sich der Immobilienmarkt entwickeln wird, kann niemand genau voraussagen. Trotzdem gehen Experten von zukünftig steigenden Zinsen und ergo sinkenden Hauspreisen aus. Daher hören Sie derzeit vermehrt, dass es klug ist, seine Immobilien jetzt zu verkaufen. Aufgrund der steigenden Zinsen und der aktuellen Lage rund um den Ukraine-Krieg und die dadurch entstandene Inflation ist aktuell ein guter Zeitpunkt zu verkaufen. Zudem ist es wichtig, bei einer Immobilienbewertung auch das Beleihungswertverfahren anzuwenden. Dies wird von kaum einem Makler angewendet. Dadurch droht eine Überbewertung vom Makler, da Banken (die nach Beleihungswertverfahren bewerten) in der Regel die Objekte schlechter einschätzen und somit der Verkäufer seine Preise reduzieren muss.